Die Beschränkungen aufgrund der COVID 19-Pandemie gehen in die 6. Woche. Für Alleinerziehende, die ihre Kinder 24 Stunden am Tag betreuen, sind 6 Wochen eine lange Zeit. Für Kinder, die den getrennt lebenden Elternteil nur per Videochat gesehen haben, ebenfalls. Doch gelten die Kontaktbeschränkungen überhaupt für (getrennte) Eltern und ihre Kinder? Oder hat das gesetzliche Umgangsrecht Vorrang?

 

Das Umgangsrecht in Zeiten der Pandemie

 

Gerichtliche Entscheidungen hierzu sind noch nicht bekannt. Bund, Länder und Kommunen nehmen in ihren Vorschriften keine Stellung. Ausgegangen wird von der Kernfamilie, die eine Wohnung teilt. Darüber hinaus werden Kontakte, Reisen, Besuche und Versammlungen stark beschränkt.

Heißt das, auch der Umgang mit dem getrennt lebenden Elternteil ist auszusetzen, bis die Corona-Beschränkungen aufgehoben werden?

Nicht unbedingt. Das Recht des Kindes auf Umgang mit seinen Eltern (und umgekehrt) ist ein starkes, durch Grundgesetz und EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) geschütztes Recht. Dieses lässt sich nur mit wichtigem Grund durch Gesetz einschränken. Dem Umgangsrecht immanent ist, dass es dort seine Grenzen hat, wo Recht anderer, zur Zeit insbesondere die Gesundheit, verletzt oder gefährdet werden.

Konkret bedeutet das: Steht dem Umgangsrecht nur eine abstrakte Gefährdung (der Bevölkerung als Ganzes durch Ansteckungsquoten) gegenüber, sollte der Umgang stattfinden. Die abstrakte Gefährdung hat nicht das gleiche Gewicht wie Kontakt, Fürsorge und Bindung zwischen Kind und Elternteil. Im grenzüberschreitenden Umgangsverkehr (D-Belgien) wird dies beispielsweise bereits weitgehend beachtet.

 

 

Risikoabwägung erforderlich

 

Anders kann es sich verhalten, wenn eine konkrete Gefährdung besteht, etwa durch Vorerkrankungen des Kindes, eines Geschwister- oder Elternteils auf der einen Seite und erhöhte Ansteckungsrisiken durch gefahrgeneigte Tätigkeit auf der anderen Seite. Risiken z.B. durch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zur Durchführung des Umgangs können dazukommen.

In einem solchen Fall ist eine umfassende Abwägung zu treffen, was ebenfalls nicht heißt, dass der Umgang auszusetzen ist. Denkbar sind auch Einschränkungen und Modifikationen, oder Kontaktbeschränkungen zu dritten, gefährdeten Personen, um den Umgang zu ermöglichen.

 

 

Entscheidungsbefugnis der Eltern

 

In der Durchführung des Umgangs wird jetzt besonders akut die Frage, welche Vorsichtsmaßnahmen für die Gesundheit des Kindes zu ergreifen sind und welcher Elternteil darüber entscheidet. Hier kommt es zum einen auf das Sorgerecht an, denn der allein sorgeberechtigte Elternteil entscheidet dies allein, sofern nicht dadurch der Umgang unzumutbar beschnitten wird. Haben dagegen beide Eltern das gemeinsame Sorgerecht, so entscheidet immer derjenige, bei dem sich das Kind aufhält.

 

Für Fragen zu Umgang, Familienrecht und Scheidung stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung!

 

Ihre Rechtsanwältin von Lonski

 

*Dieser Artikel kann nur allgemeine Hinweise geben, ohne im Einzelfall verbindlich zu sein, und ersetzt nicht die individuelle, qualifizierte Rechtsberatung.