Das Sorgerecht umfasst alle rechtlichen Angelegenheiten des Kindes, von seinem Aufenthalt und Gesundheitsfragen über die Schulwahl bis zu finanziellen Dingen. Die Eltern sind gehalten, diese Fragen gemeinsam zu klären. Das funktioniert in aller Regel gut, so lange die Beziehung hält. Nach der Trennung hingegen folgt auf Uneinigkeiten schnell die Drohung – „Dir lasse ich das Sorgerecht entziehen!“ Doch geht das so einfach?

 

Die gemeinsame elterliche Sorge

 

Die elterliche Sorge ist der rechtliche Kern der elterlichen Fürsorge. Sie entsteht mit der Geburt des Kindes, automatisch bei der Mutter und beim ehelichen Vater.

 

Der nichteheliche Vater erhält die gemeinsame Sorge nur durch die Sorgeerklärung der Mutter oder durch das Gericht. Für diese Zurücksetzung nicht verheirateter Väter wird der deutsche Gesetzgeber kritisiert. Er hat dennoch beschlossen, an diesem Modell festzuhalten, trotz einer bevorstehenden Familienrechtsreform im kommenden Jahr.

 

Als Ausgestaltung des Grundrechts auf Familie genießt das Sorgerecht einen starken Schutz, womit auch die eingangs gestellte Frage beantwortet ist: Nein, einfach ist der Entzug der elterlichen Sorge nicht zu bewerkstelligen..

 

Konflikte der Sorgeberechtigten

 

Treten Konflikte zwischen den Eltern auf, kann das Gericht die Entscheidung in einer konkreten Frage auf den Elternteil übertragen, der nach Auffassung des Gerichts das Kindeswohl besser berücksichtigt. Ein typischer Fall ist die Entscheidung, ob das Kind geimpft wird.

 

Möglich ist auch, einen Teilbereich der Sorge gerichtlich auf einen der Elternteile übertragen zu lassen. Häufiger Anwendungsbereich ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht, wenn die Eltern sich nicht einigen können, bei wem das Kind wohnen soll. Da alle Entscheidungen in Kindschaftssachen mit dem Kindeswohl stehen und fallen, ist ein solcher Teilentzug des Sorgerechts nicht in Stein gemeißelt; gleichwohl setzt eine gerichtliche Abänderung voraus, dass sich die Verhältnisse seit der Entscheidung wesentlich geändert haben.

 

Um einen Entzug des Sorgerechts in Teilbereichen zu verhindern, wird häufig mit Vollmachten gearbeitet. Hat der Elternteil, der im Interesse des Kindes handelt, eine umfassende Vollmacht, alleine zu entscheiden, ist für eine gerichtliche Übertragung der Sorge häufig kein Raum mehr.

 

Der Ausnahmefall: Entzug des Sorgerechts

 

Der umfassende Entzug des Sorgerechts und Übertragung auf den anderen Elternteil (Alleinsorge) oder einen Vormund ist das letzte Mittel und wird von den Familiengerichten nur in Ausnahmefällen eingesetzt. Voraussetzung ist eine Beeinträchtigung des Kindeswohls in so schwerem Maße, dass ein (Teil-) Entzug des Sorgerechts verhältnismäßig ist.

 

Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts

 

Im Bereich des Aufenthaltsbestimmungsrechts richtet sich hier ein besonderes Augenmerk auf

  • Kontinuität (bisherige Wohnung/enge Bindung/Betreuung)
  • Förderung (materielle Entwicklungsgrundlagen wie Bildung und Finanzen)
  • soziale Bindung (Schule, Freunde, Verwandte)

 

Ist ein Elternteil vollkommen bindungsintolerant und sabotiert den Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil, kann auch dies zu einem Sorgerechtsentzug führen.

 

Sorgerechtsentzug bei Kindeswohlgefährdung

 

Wenn eine Kindeswohlgefährdung bekannt wird, kann und muss sich das Gericht von sich aus einschalten. Eines elterlichen Antrags bedarf es dann nicht.

 

Letztlich ist jeder Einzelfall abzuwägen. Sorgerechtsentzug ist beispielsweise auf diese Gründe gestützt worden:

  • Erziehungsfehler wie ständige Wutanfälle, staatsfeindliche Erziehung, falsche Beschulung
  • Veruntreuung des Kindesvermögens
  • Misshandlung, u.U. genügt auch die Misshandlung von Geschwistern
  • Missbrauch der Erziehungsstellung, z.B. Abhalten vom Schulbesuch, Ausnutzen des Kindes zu strafbaren Handlungen
  • Gesundheitsgefährdung durch Verweigerung notwendiger medizinischer Behandlungen
  • Vernachlässigung durch ungenügende Versorgung und Ernährung oder auch fehlende Aufsicht
  • Suchterkrankung, soweit sie sich schädlich auswirkt und eine negative Prognose hat
  • psychische Krankheiten, sofern sie mit einer Gefährdung des Kindes einher gehen
  • Gefährliches Umfeld durch Dritte, z.B. Drogen- und Prostitutionsmilieu oder gefährliche/extremistische Gruppierungen

 

Einverständliche Übertragung der elterlichen Sorge

 

Ist ein sorgeberechtigter Elternteil einverstanden, die gesamte oder einen Teil der Sorge auf den anderen Elternteil zu übertragen, so erfordert dies einen gerichtlichen Beschluss, der aber in der Regel ohne Schwierigkeiten zu erlangen ist. Stirbt einer der Sorgeberechtigten, so tritt automatisch die Alleinsorge ein.

 

Haben Sie Fragen zum Sorgerecht oder anderen Kindschafts- und Familiensachen? Sprechen Sie mich gerne an!

 

Ihre Rechtsanwältin von Lonski

 

*Dieser Artikel kann nur allgemeine Hinweise geben, ohne im Einzelfall verbindlich zu sein, und ersetzt nicht die individuelle, qualifizierte Rechtsberatung.