Nach der Trennung gilt es, die finanziellen Angelegenheiten zu klären. Besonders dringlich ist der Unterhalt. Die finanzielle Abhängigkeit eines Ehegatten, insbesondere wenn die Familie Kinder hat, ist nach wie vor der Regelfall.
Nach der Trennung steigen durch einen weiteren Haushalt die Kosten, es steht also weniger Geld zur freien Verfügung. Wird Unterhalt gezahlt, so hat der Hauptverdiener einen weiteren Verlust – er kann nämlich nicht mehr bestimmen, wofür das Familienbudget verwendet wird. Vielleicht hat er oder sie auch zuvor viel Geld für sich selbst verbraucht und soll jetzt mehr als die Hälfte abgeben. Dies alles und die emotionale Loslösung von der Ehe erschweren umso mehr die Einsicht, dass Unterhalt zu zahlen ist.
In dieser Situation wird immer wieder versucht, den wirtschaftlich schwächeren Partner unter Druck zu setzen, dass er/sie keinen Ehegattenunterhalt verlangt und stattdessen möglichst schnell eine schlecht bezahlte Erwerbstätigkeit aufnimmt. Hiermit und mit dem Mindest-Kindesunterhalt nach Düsseldorfer Tabelle soll sich der Ehegatte begnügen.
Wichtig zu wissen ist: In guten wirtschaftlichen Verhältnissen bestehen weitaus höhere Ansprüche.
Der Ehegattenunterhalt
Mit der großen Familienrechtsreform hat der Gesetzgeber die nacheheliche Eigenverantwortung gestärkt. Das heißt aber nicht, dass dem wirtschaftlich schwächeren Partner kein Unterhalt mehr zu zahlen ist.
Auf den Trennungsunterhalt bis zur Rechtskraft der Ehescheidung kann nicht rechtswirksam verzichtet werden. Versucht man dennoch, den Trennungsunterhalt ehevertraglich auszuschließen, kann dies dazu führen, dass der ganze Vertrag hinfällig ist – also auch die Regelungen, die erlaubt und sinnvoll gewesen wären.
Anspruch auf Trennungsunterhalt besteht grundsätzlich in Höhe des vollen ehelichen Bedarfs, also 3/7 des nach Bereinigung und Kindesunterhalt verbleibenden Einkommens. Frühestens nach einem Jahr der Trennung kann sich eine Erwerbsobliegenheit ergeben. Auch diese schließt aber den Unterhalt nicht unbedingt aus, sondern sie führt ggf. zu einer Minderung. Je nach Einkommensdifferenz kann ein stattlicher Unterhaltsanspruch bleiben. Aus diesem Grund wird der wirtschaftlich stärkere Partner in aller Regel möglichst früh die Scheidung beantragen.
Auch nach Rechtskraft der Ehescheidung entfällt der Ehegattenunterhalt mitnichten. Es gibt zahlreiche Tatbestände, die den Unterhaltsanspruch weiterlaufen lassen, wie z.B. die Betreuung kleiner Kinder, Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Alter. Auch in den Fällen, dass der Partner für sich sorgen könnte, gewährt die Rechtsprechung mittlerweile häufig eine Übergangsfrist, in der Aufstockungsunterhalt (bis zur Höhe des ehelichen Bedarfs) zu zahlen ist. Dieser wird in aller Regel der Höhe und/oder der Dauer nach begrenzt.
Keine Begrenzung des Unterhalts
Eine Ausnahme von dieser Begrenzung und vom Grundsatz der Eigenverantwortung gibt es: Der Unterhaltsanspruch aufgrund ehebedingter Nachteile wird nicht begrenzt. Was ist damit gemeint?
Ein ehebedingter Nachteil liegt vor, wenn der Berechtigte ohne die Ehe ein bestimmtes Einkommen erreicht hätte (z.B. durch Beendigung des Studiums/Verbeamtung/Erreichen einer bestimmten Beförderungsstufe) und dieser Nachteil nicht mehr aufgeholt werden kann. Die Differenz zwischen dem gegenwärtigen Einkommen und dem hypothetischen Einkommen kann dann unbegrenzt als Aufstockungsunterhalt verlangt werden.
Besonderheiten bei hohen Einkommen
Wie in allen Unterhaltsfragen ist auch hier auf den Einzelfall zu schauen. Ein paar Faustregeln gibt es aber:
Ehegattenunterhalt
Zum einen gibt es die Sättigungsgrenze für die pauschale (3/7) Unterhaltsberechnung. Diese ist den aktuellen Leitlinien zur Düsseldorfer Tabelle zu entnehmen und beträgt derzeit für Ehegatten 5.500 EUR an Elementarbedarf, einschließlich des eigenen Einkommens.
Vielen erschient dies ein fantastisch hoher Betrag. Hat aber der Hauptverdiener ein Vielfaches an Einkommen und sind die ehelichen Lebensverhältnisse entsprechend gestaltet, muss sich der bedürftige Ehegatte nicht mit diesem Sättigungsbetrag begnügen.
Es besteht dann die Möglichkeit, den Bedarf konkret aufzuschlüsseln und nachzuweisen, sozusagen ein Haushaltsbudget aufzustellen. Bei entsprechenden Einkommen sind hier auch Posten wie teure Reisen und Hobbys denkbar.
Da über einzelne Posten endlos gestritten werden kann, gibt es eine alternative Berechnungsmethode: Hier wird die Sparquote während des ehelichen Zusammenlebens ermittelt und unterstellt, dass der Rest für die Lebenshaltung verbraucht wurde. Das Einkommen abzüglich Sparquote kann somit als Grundlage für die pauschale Berechnung (3/7) des Ehegattenunterhalts herangezogen werden, auch wenn das Ergebnis 5.500 EUR übersteigt.
Der Kindesunterhalt
Ähnlich verhält es sich beim Kindesunterhalt. Hier liegt die Sättigungsgrenze grundsätzlich in dem Unterhalt, der nach der höchsten Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle geschuldet wird. Diese Einkommensstufe endet derzeit bei 5.500 EUR und ergibt einen Unterhalt von maximal 903 EUR (DT 2021).
Hier sieht man schon, dass die Sättigungsgrenze beim Kindesunterhalt viel niedriger angesetzt wird als beim Ehegattenunterhalt. Ein Einkommen jenseits von 5.500 EUR ist aber nicht selten und spätestens, wenn beim volljährigen Kind die Elterneinkommen addiert werden, sogar ein normaler Fall.
Bisher war es so, dass auch das Kind einen höheren Unterhalt verlangen konnte, dafür aber ebenso wie der Ehegatte den konkreten Bedarf nach Einzelposten aufschlüsseln und nachweisen musste. In der Praxis führte dies häufig dazu, dass sich das Kind mit dem höchsten Tabellenunterhalt begnügte, um nicht über jeden einzelnen Posten streiten zu müssen. Dem Grundgedanken des Kindesunterhalts, dass das Kind am Lebensstandard der Eltern teilhaben soll, wurde dies nicht gerecht.
Aus diesem Grund hat der Bundesgerichtshof jetzt entschieden, dass die Düsseldorfer Tabelle bis zum Doppelten der höchsten Einkommensstufe (bereinigtes Einkommen von 11.000 EUR) fortgeschrieben werden und das Kind entsprechend pauschalierten Unterhalt verlangen kann.
Weil die Entscheidung (XII ZB 499/19 vom 16.09.2020) so kurz vor der Veröffentlichung der neuen Düsseldorfer Tabelle kam, enthält die aktuelle Düsseldorfer Tabelle lediglich einen Hinweis auf das Urteil und endet noch wie gehabt bei 5.500 EUR Einkommen. Die juristische Literatur hat aber schon Berechnungsbeispiele erstellt, wie sich die Tabelle fortschreiben lässt.
Auch wenn es in dem BGH-Urteil zunächst um den Auskunftsanspruch über das Elterneinkommen ging, gehe ich davon aus, dass der Bedarf des Kindes entsprechend anzupassen ist und dass sich der erhöhte Zahlanspruch in der nächsten Düsseldorfer Tabelle niederschlagen wird.
Für Fragen rund um den Unterhalt stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung!
Ihre Rechtsanwältin von Lonski