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Ist es verpflichtend, ein Testament zu verfassen? Nein. Ist es ratsam? Das kommt darauf an. Darauf, in welcher Lebens- und Familiensituation Sie sich befinden. Und darauf, ob Sie mit der gesetzlichen Regelung im Todesfall zufrieden sind.
Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick über häufige Konstellationen und Probleme.
Sie sind verheiratet (ohne Ehevertrag) und haben gemeinsame Kinder
Im Todesfall eines Ehegatten erhält der andere ½ des Nachlasses, neben den Kindern. Das klingt zunächst gerecht. Sie sollten aber folgende Fragen stellen: Ist der Überlebende damit ausreichend versorgt? Ist es angemessen, das gemeinsam erwirtschaftete Vermögen noch zu Lebzeiten eines Ehegatten (teilweise) an die Kinder zu vererben?
Ein wichtiger Unterfall ist die praktische Unteilbarkeit des Nachlasses. Wenn das Eigenheim Ihr wesentliches Vermögen ausmacht, oder Sie ein Geschäft betreiben, kann der überlebende Ehegatte im Erbfall gezwungen sein, „Haus und Hof“ zu verkaufen, damit die Erben befriedigt werden.
Schließlich ist auch an die Wiederverheiratung des Überlebenden zu denken. Soll der Erbteil des Überlebenden im Fall, dass diese(r) vor dem neuen Ehepartner stirbt, an jenen gehen?
Häufig wird die Lösung des „Berliner Testaments“ gewählt, welches den Ehepartner zum Vollerben und die Kinder zu Schlusserben einsetzt. Zu prüfen ist auch dann: kann die Durchsetzung des Pflichtteils durch die Kinder verkraftet werden? Wie lässt sich dies erschweren oder ausschließen? Ist diese Lösung angemessen, wenn die Ehepartner noch jung sind und sich eine neue Familie aufbauen könnten?
Sie sind kinderlos verheiratet
Wissen Sie, dass im Todesfall Ihr Mann/Ihre Frau nicht Alleinerbe ist? Zu gesetzlichen Erben sind neben Ihrem Ehepartner auch Ihre Eltern und deren Abkömmlinge, sowie Ihre Großeltern berufen. Dies können Sie testamentarisch regeln. Je nach Verwandtschaftsgrad bleibt ein Pflichtteilsanspruch. Auch dieser lässt sich, unter Mitwirkung des Berechtigten, ausschließen.
Sie leben in einer Patchworkfamilie
Falls Sie ohne Testament und Ehevertrag sterben, „erbt“ (ein Teil davon ist Zugewinn) Ihr Ehepartner ½ Ihres Vermögens, neben Ihren Kindern. Diese Hälfte des Ehegatten wird nach dessen Tod per gesetzlicher Erbfolge an dessen Erben, d.h. Ihre Stiefkinder, sowie evtl. neue Ehepartner gehen.
Gleiches gilt, wenn nur der Vater/die Mutter Ihrer Kinder in einer Patchworkfamilie lebt. Sollten Sie unverheiratet sterben, geht Ihr Nachlass an die Kinder. Falls diese wiederum vor dem anderen Elternteil sterben, erbt diese(r), danach dessen Kinder aus 2. Ehe, usw.
Diese Familienmodelle sind komplex, und es sollten alle Konstellationen und Ihre diesbezüglichen Wünsche bedacht und in die Testamentsentwicklung einbezogen werden.
Ihr Kind hat eine Behinderung
Falls Ihr Kind sein Leben lang auf Hilfe angewiesen ist, wird im Erbfall das Vermögen schnell verbraucht sein und auf staatliche Hilfen vollständig angerechnet werden.
Mit einem sogenannten „Behindertentestament“ können Sie erreichen, dass Ihr Kind Vorteile aus dem Erbe genießt, die über den staatlich finanzierten Lebensstandard hinausgehen, ohne dass der Nachlass in seiner Substanz für den Lebensunterhalt verbraucht wird. Nach dem Tod Ihres Kindes kann durch vorausschauende Regelungen der Nachlass in der Familie gehalten werden.
Sie sind alleinstehend und kinderlos
Falls Sie Verwandtschaft haben, erbt diese, wobei Ihnen näherstehende Verwandte entferntere Verwandte ausschließen. Ein Pflichtteilsrecht haben aber nur Ihre Eltern.
Das bedeutet, dass Sie über Ihren Nachlass im Übrigen frei verfügen können. Zwei Überlegungen sollten angestellt werden: Haben Sie Vermögen, das letzten Endes an die Familie zurückfallen soll, auch wenn ein Lebensgefährte, Freund oder entfernter Verwandter erbt? Und haben Sie die steuerliche Seite berücksichtigt, die nicht Verheiratete und nicht Verwandte stärker belastet?
Falls Sie keine Verwandten haben, fällt Ihr Nachlass an den Staat. Ist Ihnen dies recht, oder möchten Sie eine wohltätige Organisation bedenken? Was geschieht, wenn Sie nur „die Jugend“ als Erben benennen?
Der Streit der Erben ist abzusehen
Der Erblasser hat es in der Hand, Unklarheiten und (ungewollte) Ungleichbehandlung auszuschließen.
Häufige Streitpunkte sind die Einordnung und Anrechnung lebzeitiger Zuwendungen und die Bewertung von Nachlassgegenständen/Vermächtnissen. Berücksichtigen Sie auch, dass die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft gegen den Willen eines Erben ein besonders schwieriges und langwieriges Verfahren ist, so dass bei Familienstreitigkeiten der gemeinschaftliche Teil des Nachlasses möglichst klein gehalten werden sollte.
Instrumente des Erbrechts
Die richtige Regelung Ihres Nachlasses ist individuell auf Sie zugeschnitten. Bei gravierenden Veränderungen in Ihrem Leben (Geburt, Tod, Heirat, Scheidung) sollte dies neu bedacht werden.
Aus lebzeitiger Übertragung, gemeinschaftlichem und alleinigem Testament bzw. Erbvertrag, mit den Inhalten Erbeinsetzung, Vermächtnis, Pflichtteilsregelung und ggf. Erb-/Pflichtteilsverzicht uvm. kann eine Lösung erarbeitet werden, die Ihren Wünschen entspricht und den Überlebenden ein friedliches Miteinander ermöglicht.
Für Ihre Fragen und Anliegen stehe ich gerne zur Verfügung. Sprechen Sie mich an!
Ihre
Rechtsanwältin Uta von Lonski
Dieser Artikel kann nur allgemeine Hinweise geben, ohne im Einzelfall verbindlich zu sein, und ersetzt nicht die individuelle, qualifizierte Rechtsberatung.