Das Gesetz hat mehrere Instrumente, um Trennung und Scheidung „fair“ zu gestalten:

 

  • Unterhalt
  • Zugewinnausgleich
  • Versorgungsausgleich

 

In diesem Artikel geht es um den Zugewinnausgleich (Vermögen) und den Versorgungsausgleich (Renten).

 

Die Grundidee beider Ausgleiche ist, das Vermögen und die Altersvorsorge zu teilen, die während der Ehe erworben wurden. Dahinter steht die Annahme, dass bei Ehepartner gleichwertig zur Ehe beitragen, z.B. Erwerbsarbeit einerseits und Kindererziehung andererseits, und deshalb die finanziellen Vorteile beiden zustehen.

 

Es gibt aber Fälle, in denen diese Grundidee zu keinem gerechten Ergebnis führt. Welche Fälle das sind und wie Sie sich schützen können, lesen Sie hier.

 

 

Die Falle: Passivität

Der Versorgungsausgleich erfolgt von Gerichts wegen bei der Ehescheidung. Sie kommen deshalb automatisch in den Genuss der gleichmäßigen Aufteilung der Altersvorsorge. Der Versorgungsausgleich erfasst alle gesetzlichen und privaten Versorgungen, die auf Rentenzahlung gerichtet sind und alle betrieblichen und Altersvorsorge-Zertifizierungs-Anrechte („Riester“).

Dagegen wird der Zugewinn nicht automatisch ausgeglichen. Niemand wird sich darum kümmern und Sie daran erinnern. Das Gericht wird diesen nicht thematisieren, wenn nicht ein gerichtlicher Antrag gestellt wird. Wenn Sie einen Ausgleichsanspruch haben und diesen nicht geltend machen, verjährt er drei Jahre nach der rechtskräftigen Scheidung zum Jahresende.

 

Zwei Beispiele:

Angenommen, Sie haben eine private Rentenversicherung bespart, so fällt diese in den Versorgungsausgleich und wird geteilt. Angenommen, Ihr Ehepartner hat eine Kapitallebensversicherung, so fällt diese aber nicht in den Versorgungsausgleich, sondern in den Zugewinnausgleich. Wenn Sie diesen nicht geltend machen, haben Sie einen Nachteil erlitten.

Typisch ist auch der Fall, dass ein Ehegatte angestellt arbeitet (Versorgungsausgleich) und der andere selbstständig ist und dessen Vorsorge darin besteht, dass er plant, später die Firma zu verkaufen. Auch der Wert dieser Firma fällt nicht in den Versorgungsausgleich und muss aktiv geltend gemacht werden.

Die Lösung:

Zugewinnausgleich erhalten Sie nur, wenn Sie dies von Ihrem Ehegatten verlangen. Sollten Sie mit Ihrem Ehegatten nicht kommunizieren können, bitten Sie Ihre Anwältin, tätig zu werden. Sie wird ihn zur Auskunft über sein Anfangs- und Endvermögen auffordern und den Zugewinnausgleichsanspruch berechnen.

Falls Sie Einblick in die beiderseitigen Vermögensverhältnisse haben oder bereitwillig Auskunft erhalten, empfehle ich trotzdem, für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs anwaltlichen Rat einzuholen.

 

Die Falle: Erbschaft

Erbschaften und Schenkungen bleiben beim Zugewinnausgleich außen vor. Es wird so getan, als sei die Erbschaft vor der Ehe erfolgt („Anfangsvermögen“). Das gilt aber nicht für Wertzuwächse in der Ehe, die über die allgemeine Inflation hinausgehen.

Ein Problem ist dies insbesondere bei Immobilien. Selbstverständlich gingen Erbe und Erblasser davon aus, dass die Immobilie „in der Familie bleibt“. Ist diese während der Ehe im Wert stark gestiegen, hat sich der Kontostand des Erben dadurch nicht erhöht. Dennoch muss er den Zugewinnausgleich bezahlen. Schlimmstenfalls muss das geerbte Haus verkauft werden.

Die Lösung:

Typischerweise möchten die Eheleute in solchen Fällen an der gesetzlichen Zugewinngemeinschaft festhalten, nur soll die Erbschaft außen vor bleiben. Wenn das beide einsehen, so kann eine modifizierte Zugewinngemeinschaft notariell vereinbart werden.

 

Die Falle: Keine liquiden Mittel

Ähnlich verhält es sich, wenn ein Ehegatte einen Vermögenswert hält, der nicht ohne erheblichen wirtschaftlichen oder ideellen Verlust verkauft werden kann. Sei es das selbstgenutzte Haus, das die Hausfrau mit den Kindern bewohnt, die sich eine ausreichend große Mietwohnung nicht leisten kann. Oder die Firma, die nicht liquidiert werden kann, ohne dass der Eigentümer sein Einkommen verliert.

Die Lösung:

Es gibt verschiedene Methoden, in einem solchen Fall den Zugewinnausgleich zu regeln.

Zu Anfang der Ehe bietet sich an, entweder Gütertrennung oder modifizierten Zugewinnausgleich zu vereinbaren. Im Gegenzug kann eine Ausgleichsleistung, z.B. Ansparen einer Kapitallebensversicherung für die Ehegattin über die Ehezeit, vereinbart werden.

Auch am Ende der Ehe gibt es noch die Möglichkeit einer angemessenen Regelung. Vielleicht gibt es andere Vermögenswerte (Eigenheim), die anstelle eines Barausgleichs übertragen werden können. Ist der Firmeneigner ausreichend abgesichert, kann er auf den Versorgungsausgleich verzichten. Schließlich kann der Zugewinnausgleich auch gestundet oder in leistbare Raten aufgeteilt werden.

 

Die Falle: Schulden

Es kommt vor, dass während der Ehe ein Partner erheblich mehr Schulden macht als der andere. Typische Fälle:

  • Eine Selbstständigkeit scheitert.
  • Eine Hausfinanzierung kann z.B. wegen Arbeitslosigkeit oder Trennung nicht gestemmt werden und das Haus wird mit Verlust verkauft.
  • In der Ehe bestehen Konsumwünsche und nur ein Partner hat Sicherheiten (festes Einkommen) und nimmt deshalb die Darlehen auf.

 

In der Zugewinngemeinschaft behält jeder die eigenen Vermögenswerte und Schulden, ein Ausgleich erfolgt – außer in Ausnahmefällen – nur über den Zugewinnausgleich.

Aber Achtung! Zwei bei Laien oft unbekannte Regeln des Versorgungsausgleichs lauten:

  • Es gibt keinen negativen Zugewinn.
  • Zugewinnausgleich ist nur zu bezahlen, soweit positives Vermögen vorhanden ist.

 

Sind in den Beispielsfällen beide Ehegatten mit „0“ in die Ehe gestartet und hat der eine Schulden und der andere nichts, findet auch kein Ausgleich statt. Hat der andere ein großes Anfangsvermögen, ist aber während der Ehe nicht „reicher“ geworden, gibt es ebenfalls keinen Ausgleichsanspruch, weil beide einen Zugewinn von „0“ haben.

In einem solchen Fall wird die gefühlte Ungerechtigkeit durch den gesetzlichen Versorgungsausgleich noch gesteigert. Hat der Ehepartner, der die Darlehen aufgenommen hat, auch noch mehr Altersvorsorge-Anrechte erworben (Alleinverdiener, Hauptverdiener), so muss er davon die Hälfte abgeben.

Die Lösung:

Diese kann in solchen Fällen nur ganz individuell erarbeitet werden. Ist kein Vermögen da und der nicht belastete Ehegatte nicht leistungsfähig, hilft kein Ausgleichsanspruch für die Schulden und wird das Familiengericht vermutlich noch nicht einmal einen Verzicht auf den Versorgungsausgleich akzeptieren. Die Lösung wäre, von vorneherein eine finanzielle Überlastung der Familie zu verhindern.

Hat der Ehegatte Vermögen, ist gemeinsam zu überlegen, ob das Risiko eingegangen werden soll (z.B. Firmengründung) und dafür eine Absicherung vertraglich vereinbart wird.

 

Die Falle: Vermögensverbrauch

Startet ein Ehegatte vermögend in die Ehe oder erbt, kann dies bei großzügigem Temperament auch dazu führen, dass dieses Vermögen in der Ehe verbraucht wird. Sofern dann in der Ehe ein Verlust erwirtschaftet wurde (Endvermögen geringer als Anfangsvermögen), wird dies wieder auf „0“ gedeckelt. Selbst wenn der andere (das kommt tatsächlich vor) seinerseits in der Ehe Vermögen aufgebaut hat, findet kein voller Ausgleich statt.

Weil dies etwas kompliziert nachzuvollziehen ist, hier eine Beispielsrechnung:

  • Ehegatte A hat ein Anfangsvermögen von 200.000 EUR und diese in der Ehe verbraucht. Er hat also einen Verlust von 200.000 EUR, aber einen Zugewinn von 0 EUR.
  • B ist mit 0 EUR in die Ehe gestartet und hat 100.000 EUR gespart. Sie hat also einen Zugewinn von 100.000 EUR.
  • Auszugleichen ist eine Differenz von 100.000 EUR zwischen den beiden Zugewinnen. B hat an A 50.000 EUR zu zahlen.

 

Damit ist der Zugewinn rechnerisch ausgeglichen. Tatsächlich hat A aber nach Zahlung der 50.000 EUR immer noch einen Verlust von 150.000 EUR, während B ein Plus von 50.000 EUR aus der Ehe mitnimmt.

 

Auch hier gilt, dass der Versorgungsausgleich, je nachdem, wer mehr Altersvorsorge erworben hat, diese Ungerechtigkeit noch verschärfen kann.

 

Die Lösung:

Wie oben muss auch hier nach einer individuellen Lösung geschaut werden. Wichtig ist zunächst, sich dieser Prozesse bewusst zu sein und in dem Fall, dass der Partner wirtschaftlich nicht mitzieht und man die Verluste nicht hinnehmen möchte, die Reißleine zu ziehen.

Sollte der Partner selbst finanzkräftig sein, das aber nicht ausgleichen müssen (Erbschaft), sollten sich entweder beide gleichermaßen finanziell einbringen oder ehevertraglicher Schutz vereinbart werden.

 

Die Falle: Verschwendung

Wenn das Einkommen des einen für den Bedarf der Familie verwendet wird und der andere mit seinem Einkommen Vermögensbildung betreibt, ist es nur fair, das Vermögen am Ende der Ehe zu teilen (Zugewinnausgleich).

Es gibt aber nicht selten den Fall, dass einer mehr Geld für Luxus verbraucht, während der andere sich Wünsche verkneift und sein Geld spart. Die Illusion, dass sich dies auszahlt, endet dann, wenn das Vermögen bei Scheitern der Ehe geteilt wird.

Die Lösung:

Hier kann ein Ausschluss des Zugewinnausgleichs für den Scheidungsfall helfen – und zwar nicht nur bei Ende der Ehe, sondern auch, damit in der intakten Ehe nicht über Sparsamkeit gestritten werden muss. Der sparsame Ehegatte sollte aber unbedingt Anlageprodukte wählen, die nicht dem Versorgungsausgleich unterliegen. Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist nämlich nur möglich, wenn der verzichtende Ehegatte ausreichend abgesichert ist.

 

Die Falle: Ungleicher Beitrag

Der Zugewinnausgleich fragt nicht danach, wer zur Ehe was beigetragen hat. Dieser Beitrag kann bestehen in Kindererziehung, Erwerbstätigkeit, Haushaltsführung, „Rücken frei halten“, repräsentative Aufgaben übernehmen. Sind die Ehegatten einig, spricht auch nichts dagegen, dass einer Aufgaben außerhalb der Ehe wahrnimmt, wie z.B. Ehrenämter oder Pflege der Eltern, auch wenn damit weder zum Vermögen noch zur Altersvorsorge beigetragen wird.

 

Aber was gilt, wenn die Ehegatten nicht einig sind? Wenn einer neben der Arbeit noch die Kinder und den Haushalt betreut, während der andere sich seinen Hobbies oder einer nicht lohnenden Selbstständigkeit widmet? Wenn nach dem Auszug der Kinder alle Jobangebote abgelehnt werden und auch eine Umschulung abgebrochen wird?

 

Das Gesetz ist hier keine Hilfe. Zugewinn und Versorgungsausgleich richten sich nicht nach diesen Faktoren und werden trotzdem, meist zum Schaden des mehr leistenden Ehegatten, durchgeführt.

Die Lösung:

Leider sind in einem solchen Fall auch die Möglichkeiten des Ehevertrags begrenzt. Zwar lässt sich in aller Regel der Zugewinnausgleich ausschließen, jedoch muss dies erfahrungsgemäß am Anfang der Ehe geschehen, da es ansonsten zu keiner Einigung kommt. Der Versorgungsausgleich darf nur ausgeschlossen werden, wenn sich der betreffende Ehegatte damit nicht in die Altersarmut bringt – was in diesem Beispiel aber der Fall wäre.

Falls noch nicht das Rentenalter erreicht ist, sondern noch angespart wird und die Altersvorsorge laufend anwächst, sollte in einem solchen Fall tatsächlich über eine schnelle Trennung und Scheidung möglichst nach dem Trennungsjahr nachgedacht werden, um den Schaden zu begrenzen.

 

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Ihre Rechtsanwältin von Lonski