Oder: Das Recht der nichtehelichen Lebensgemeinschaft*
Viele heiraten aus Liebe, oder sie bleiben unverheiratet, „weil sie das nicht brauchen“. Dann gibt es die Paare, die kurz vor Jahresende feststellen, dass sie einen schönen Steuerbonus mitnehmen können, wenn sie jetzt die Ehe schließen. Es gibt aber noch eine andere Art, auf die Ehe zu schauen. Betrachtet man diese durch die rechtliche Brille, wird klar: die Ehe schützt nicht nur den wirtschaftlich schwächeren Partner, sondern sie hat Vorteile für alle Beteiligten.
Der Unterhalt
Im täglichen Leben scheint sich die Ehe zunächst wenig auszuwirken. Die Eigentumsverhältnisse ändern sich nicht. Gravierende Entscheidungen wie die Aufgabe der Vollzeittätigkeit werden heutzutage weniger an die Heirat als an die Geburt von Nachwuchs geknüpft. So lange man zusammen lebt und wirtschaftet, wird der gegenseitige Unterhaltsanspruch nicht thematisiert.
Doch wie ist es im Fall der Trennung? Sicher haben Sie schon einmal gehört, dass es heutzutage sowieso keinen Ehegattenunterhalt mehr gibt – höchstens für ein Jahr, oder wenn die Kinder ganz klein sind.
Das trifft in vielen Fällen zu, es ist aber nicht die ganze Wahrheit, und das kann in Notfällen einen großen Unterschied machen. Das Gesetz kennt nämlich mehr Unterhaltstatbestände als nur den Betreuungsunterhalt – der im Übrigen auch länger als 3 Jahre anfallen kann, je nach Betreuungs- und Arbeitssituation der Ehegatten. Sollten Sie arbeitslos, krank, alt, in Ausbildung oder in langjähriger Ehe nicht erwerbstätig gewesen sein, kann auch über das Trennungsjahr hinaus ein Unterhaltsanspruch bestehen. Ein Unterhaltsanspruch ist auch möglich, wenn Sie trotz vollschichtiger Arbeit den ehelichen Lebensstandard nicht halten können.
Waren Sie hingegen nicht verheiratet, ist Ihr Unterhaltsanspruch gesetzlich auf die Betreuungszeit, in aller Regel bis das Kind 3 Jahre alt ist, begrenzt.
Die Trennungsfolgen
Neben dem Unterhalt muss nach einer Trennung viel geregelt werden: Wer zieht aus und wer behält die Wohnung, wie wird der Hausrat verteilt, wer bekommt das Auto, und und und…
Im Fall der nichtehelichen Lebensgemeinschaft wird dies alles nach Vertrags- und Eigentumsverhältnissen geregelt. Gibt es Streit, landen Sie vor dem Amts- oder Landgericht wie jeder andere, ohne Rücksicht darauf, dass Sie eine Beziehung hatten und dass vielleicht gemeinsame Kinder betroffen sind.
Wenn Sie verheiratet sind, ist in der Trennungs- und Scheidungsphase das Familiengericht zuständig für alle Fragen des Hausrats, der Vermögensauseinandersetzung und der Ehewohnung. Die Wohnung kann beispielsweise dem betreuenden Elternteil mit den Kindern zugewiesen werden, auch wenn dieser nicht Mietvertragspartei oder Eigentümer ist.
Die Vermögensaufteilung
Nicht selten ist der Fall, dass durch gemeinsame Leistung Vermögen geschaffen wird, das aber nur einem Partner als Eigentümer gehört. Typische Beispiele sind, dass über Jahre das Haus eines Partners renoviert oder abbezahlt wurde, oder dass ein Partner durch Kinderbetreuung dem anderen eine Karriere ermöglicht hat. Ein Ausgleich bei Trennung wäre nur gerecht, oder?
Außerhalb der Ehe müssen Sie nach der Trennung darlegen und beweisen, welchen Beitrag Sie geleistet haben und aus welchem Rechtsgrund dies auszugleichen ist. Ein Erfolg ist keineswegs garantiert. Das Scheidungsrecht hingegen sieht mit dem Zugewinnausgleich eine pauschale Abfindung vor, die verhindert, dass einer während der Ehe Vermögen aufbaut und der andere mit leeren Händen dasteht.
Die Altersvorsorge
Neben dem verfügbaren Vermögen werden während einer langjährigen Beziehung auch erhebliche Ansprüche gegen private und gesetzliche Rentenversicherungen erworben. Das Scheidungsrecht sieht vor, dass diese Ansprüche, soweit sie nicht in den Zugewinnausgleich fallen, zwischen den Ehegatten hälftig geteilt werden. Ein Ausgleich außerhalb der Ehe ist nicht nur nicht vorgesehen, sondern auch unmöglich, da die Versorgungsträger eine Teilung nur im Scheidungsfall vornehmen dürfen.
Der Krankheits- und Sterbefall
Eine automatische Vertretungsmacht des Ehegatten im Krankheitsfall besteht nicht. Daher ist es für Paare in allen Formen des Zusammenlebens wichtig, Vorsorge zu treffen und Vollmachten, Betreuungsverfügungen und Patientenverfügungen zu erstellen.
Der Ehegatte hat allerdings die sogenannte Totenfürsorge und darf über die Bestattung des Partners entscheiden. Bei Unverheirateten sind hierfür die Verwandten zuständig.
Das Erbe
Ohne Testament erbt der Ehegatte ½ bis ¾ des Nachlasses von Gesetzes wegen. War der Verstorbene nicht verheiratet und hat er die Erbfolge nicht geregelt, erben alleine seine Kinder oder Verwandten.
Ehegatten können ein gemeinsames Testament verfassen, und dies handschriftlich oder notariell aufsetzen. Nicht verheirateten Lebensgefährten steht nur der Weg des notariellen Erbvertrags offen. Durch Einzeltestamente können sie sich gegenseitig nicht wirksam binden.
Doch selbst wenn Lebensgefährten sich gegenseitig zu Erben einsetzen, gibt es gravierende erbrechtliche Nachteile im Vergleich zur Ehe. Hat der Verstorbene Nachkommen oder leben seine Eltern noch, steht diesen ein Pflichtteil in Höhe des halben Nachlasses zu. War der Verstorbene verheiratet, reduziert sich dieser Pflichtteil auf ¼ bis 1/8 des Nachlasses.
Außerdem ist die Besteuerung des nicht verheirateten Erben so erheblich, dass die Erbschaft, beispielsweise ein Einfamilienhaus, häufig liquidiert werden muss.
Die Kinder
Diese erwähne ich am Schluss, weil mit den Reformen des Kindschaftsrechts der vergangenen Jahre eine weitgehende Gleichstellung der ehelichen und nichtehelichen Kinder erreicht wurde. Umgang, Unterhalt und Erbe, sowie die gemeinsame Sorge nach der Trennung unterscheiden nicht danach, ob das Kind ehelich geboren wurde. Allerdings hat die Ehe für Väter nach wie vor zwei Vorteile:
Das ehelich geborene Kind wird automatisch dem Ehemann der Mutter als „gesetzlichem Vater“ zugewiesen. Außerhalb der Ehe erfolgt diese Zuordnung, indem die Vaterschaft anerkannt wird.
Außerdem gibt es nur unter Eheleuten das automatische gemeinsame Sorgerecht für die Kinder. Ohne Trauschein hat es zunächst die Kindsmutter in der Hand, ob sie dem gemeinsamen Sorgerecht zustimmt. Verweigert sie die entsprechende Sorgerechtserklärung, bleibt dem unverheirateten Vater nur der Weg zum Familiengericht.
Mein Fazit
Die Ehe hat zahlreiche Vorteile, die als „Gesamtpaket“ fertig geschnürt sind. Insbesondere in einer langjährigen Beziehung, oder wenn ein Paar Kinder hat, sollte die Heirat ernsthaft erwogen werden.
Falls nicht alle gesetzlichen Ehefolgen erwünscht sind, ein typisches Beispiel wäre die Unternehmerehe, können diese im Rahmen eines ausgewogenen Ehevertrags modifiziert werden.
Wenn Sie trotz alledem nicht heiraten möchten, stehen Ihnen folgende Möglichkeiten offen, die rechtlichen Nachteile der nichtehelichen Lebensgemeinschaft zumindest teilweise abzumildern:
- Vereinbarung, in der Sie das Zusammenleben sowie die Folgen einer möglichen Trennung regeln
- Erbvertrag/Testament
- Vorsorge- und Bestattungsverfügungen
- vorausschauende Altersvorsorgeplanung und Vermögensaufteilung
Was das für Sie bedeutet und welche Regelungsmöglichkeiten es gibt, um Ihren Wünschen entgegenzukommen, bespreche ich gerne in einem persönlichen Beratungstermin.
Für alle Fragen rund um Familie, Erbe und Vorsorge stehe ich Ihnen wie immer gerne zur Verfügung!
Ihre Rechtsanwältin Uta von Lonski
*Anmerkung:
Der Artikel legt den gesetzlichen Güterstand (Zugewinngemeinschaft) zu Grunde. Bei Vorliegen eines Ehevertrags können sich andere Ergebnisse ergeben.
Dieser Artikel kann nur allgemeine Hinweise geben, ohne im Einzelfall verbindlich zu sein, und ersetzt nicht die individuelle, qualifizierte Rechtsberatung.